Windfänger: St. Pöltens atmende Oase aus Beton und Ziegel
Dezember 2024
Innovative Skulptur vereint Kunst, Nachhaltigkeit und Klimaanpassung im urbanen Raum
Am Europaplatz in St. Pölten erhebt sich seit September 2024 ein faszinierendes Kunstwerk, das weit mehr ist als nur eine ästhetische Bereicherung des Stadtbildes. Der „Windfänger“, eine Kreation des Künstlerkollektivs „Breathe Earth Collective“, verkörpert die perfekte Symbiose aus Kunst, Ingenieurskunst und ökologischem Bewusstsein. Mit einem Durchmesser von 13 Metern und einer Höhe von über vier Metern präsentiert sich die Skulptur als offene Rotunde, die nicht nur das Auge erfreut, sondern auch aktiv zur Verbesserung des urbanen Mikroklimas beiträgt.
Beton trifft Tradition: Ein Hauch von Orient in Niederösterreich
Die Inspiration für den Windfänger reicht von der arabischen Mashrabiya über ägyptische Kühltechniken bis hin zu alpinen Ziegelgittern. Diese kulturübergreifende Verschmelzung spiegelt sich in der einzigartigen Struktur wider, die aus „Mönch und Nonne“ Ziegelformen besteht – gestützt von starken Betonträgern.
Durch spezielle Ziegel und ein eingebautes Bewässerungssystem entsteht ein luft- und lichtdurchlässiger Raum, der Lebensraum für Vögel und Insekten bietet. Gleichzeitig trägt die Skulptur zur Reduzierung von Verkehrslärm und Feinstaub an einer stark befahrenen Kreuzung bei.
Die Kombination aus Beton und Ziegel erweist sich als ideale Lösung für die komplexen Anforderungen des Projekts. Beton, bekannt für seine Formbarkeit und Stabilität, ermöglicht die Realisierung der anspruchsvollen Geometrie, während die Ziegel für eine natürliche Klimatisierung sorgen.
Nachhaltigkeit in Aktion: Mehr als nur ein Kunstobjekt
Der Windfänger ist ein Paradebeispiel für multifunktionale Architektur, besonders das ausgeklügelte Bewässerungssystem überzeugt: An drei Stellen wird die Skulptur durch ein Wassersystem von oben bewässert. Das Wasser fließt über Vorsprünge und Vertiefungen ab, ähnlich wie bei einem Wasserspiel, und wird in Becken gesammelt und gefiltert. Sensoren steuern das System so, dass es sich an unterschiedliche Tageszeiten, Wetterbedingungen und die Sonne anpasst, um Wasser effizient zu nutzen. Durch Verdunstung wird der Umgebung Wärme entzogen, was im Inneren der Skulptur eine angenehm kühle und feuchte Atmosphäre schafft.
„Das kaskadische herabfließende Wasser verspritzt teilweise beim Auftreffen auf hervorstehende Mönch- oder Nonnenziegel. Der Wind, der durch die Struktur hindurchweht, wird dabei gekühlt und verträgt gleichzeitig die kleinen Wassertropfen, die wir im Sommer als angenehm kühl auf der Haut wahrnehmen.“, erläutert ein Vertreter des Breathe Earth Collective.
Diese Verdunstungskühlung schafft ein angenehmes Mikroklima und trägt zur Reduzierung von Verkehrslärm und Feinstaub bei – ein nicht zu unterschätzender Mehrwert an einer stark frequentierten Kreuzung.
„Der Windfänger am Europaplatz steht für Partizipation, Entschleunigung und Bewusstsein für die Klimakrise. Er ist ein Andenken an den ehemaligen Brunnen, der bis 2023 den Europaplatz schmückte, und wirkt in Verbindung zum neuen Promenadenring als Tor zur verkehrsberuhigten Innenstadt. Mein Dank gilt nicht nur allen Projektbeteiligten, die dieses einzigartige Kunstwerk zum Leben erweckt haben, sondern auch all den Menschen, die sich mit ihrer Patenschaft im Zeichen der Verbundenheit zu unserer Stadt als Teil davon verewigt haben.“ , so St. Pöltens Bürgermeister Mag. Matthias Stadler.
Ingenieurskunst meets Bürgerbeteiligung
Die technische Umsetzung des Windfängers stellte höchste Ansprüche an alle Beteiligten. Die RAUTER Fertigteilbau GmbH, Tochter der Kirchdorfer Gruppe, produzierte die komplexen Betonelemente mit höchster Präzision.
Thomas Manessinger, Projektleiter bei Rauter, erklärt die technische Herausforderung: „Wir haben sechs Torrahmenfertigteile hergestellt, die in zwei Achsen gebogen waren. Dank unserer überdurchschnittlichen Möglichkeiten im Schalungsbau und Technik konnten wir diese anspruchsvolle Aufgabe erfolgreich bewältigen.“
Ein intensiver Prozess, denn die auf den Torrahmen liegenden sechs Rostbögen-Fertigteile wurden untereinander verschraubt, auf den Fertigteilen aufgelagert und vor Ort ausbetoniert.
Die Montage der Torrahmen erforderte die präzise Einhaltung der Vermessungsvorgaben zur Kreisform und Höhe, um die anschließenden Maurerarbeiten planmäßig durchzuführen. Holzschablonen gewährleisteten eine exakte Teilung des über 40 m langen Umfangs. Der zweite obere Rostbogen, bestehend aus sechs Fertigteilen, wurde zunächst auf Stützen gelagert und dann nach Abschluss der Maurerarbeiten auf die letzte Ziegelschar abgesenkt.
Projektleiter Gerhard Pecina von der Bachner Bau Ges.m.b.H. betont: „Dieses Projekt war eine spannende Herausforderung, die uns neue Perspektiven eröffnet hat. Solche komplexen Aufgaben sind nicht alltäglich, und wir sind stolz auf das Ergebnis.“
Besonders ist auch die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in das Projekt. 1.000 sandfarbene Ziegel können durch Patenschaften „erworben“ werden, wodurch sich die St. Pöltner buchstäblich in das Kunstwerk einschreiben können.
Der Windfänger in St. Pölten zeigt eindrucksvoll, wie moderne Betonbauweise, traditionelle Handwerkskunst und zukunftsweisende Klimaanpassungsstrategien harmonisch verschmelzen können. Er ist nicht nur ein Kunstwerk, sondern ein lebendiges Symbol für eine nachhaltige und bürgernahe Stadtentwicklung – ein Vorbild, das hoffentlich in vielen anderen Städten Nachahmer finden wird.
Pressekontakt: Mag. Sandra Ehrenhöfer, Kirchdorfer Group, pressesprecher@kirchdorfer.eu
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